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Über schwierige Situationen, in denen wir Entscheidungen treffen wollen.

Wer kennt das nicht. Das Gefühl im Zwiespalt zu sein, zwischen zwei Handlungsoptionen zu stehen und Entscheidungen treffen zu müssen. Gerne geben wir uns der scheinbaren Annahme hin, dass es lediglich die Wahl für die eine ODER die andere, gegensätzliche, Möglichkeit gibt. Dazu gesellt sich dann auch hin und wieder der Einduck, dass keine der beiden Alternativen, so oder so, wirklich passend ist. Am Ende des Tages geht es in solchen schwierigen Situation häufig auch darum, Entscheidungen zu treffen. Diese schmerzlichen Dilemmas existieren nicht nur auf der psychologisch-individuellen Ebene eines Menschen, sondern treten auch gleichermaßen in Teams und Organisationen auf. Doch wie kann ich, können wir damit umgehen?
Eine hervorragende Hilfestellung bietet die Arbeit mit dem Tetralemma. Das Tetralemma hat seinen Ursprung in der indischen Logik und wurde in Deutschland insbesondere von Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd, für die systemische Strukturaufstellung für Führungskräfte und Organisationen adaptiert (5). Es ist auch hervorragend geeignet, um Widerstände und Erstarrungen in Veränderungsprozessen zu adressieren und überwinden zu können (2).
Das Modell zu verstehen ist essentiell um Organisation, Veränderung und Rolle von Führung zu verstehen und persönlich ausfüllen zu können.

Die Methode des Tetralemmas ist eine Einladung, eigene Denkmuster zu reflektieren und herauszufordern. Oder wie es Heinz von Förster ausdrückt: „Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird“, um die eigene Entscheidungssicherheit und auch Stressresistenz deutlich zu erhöhen. Das Tetralemma baut auf vier möglichen Positionen auf:

  1. „Das Eine“
  2. „Das Andere“
  3. Das sowohl als auch (beides)
  4. Weder das eine, noch das andere (keines von Beidem)

Ein alter jiddischer, viel zitierter Witz beschreibt diese Positionen sehr anschaulich: Zwei Juden kommen mit einem Streitfall zum Rabbiner. Nachdem der erste seine Position vorgetragen hat, schaut der Rabbi in seine Talmud-Folianten, dann bescheidet er ihm: „Hast recht.“ Nun trägt der zweite seine Sicht der Dinge vor. Wieder schaut der Rabbi im Talmud nach, dann sagt er auch zum Zweiten: „Hast recht.“ Die Frau des Rabbis, die das Ganze mit angehört hat, sagt nun zu ihrem Gatten: „Aber Jankel, du kannst doch nicht zu diesem sagen: Hast recht – und dann auch zu jenem sagen: Hast recht. Beide können nicht recht haben!“ Der Rabbi konsultiert zum dritten Mal den Talmud. Endlich sagt er, zu seiner Frau gewandt: „Hast recht.“ (Aus 1)

Die Position „das Eine oder das Andere“ (das entweder oder)

Ein Dilemma entsteht dann, wenn es schwerfällt, oft aus guten Gründen, sich auf eine neue Position einzulassen oder zwischen den Bisherigen hin und her gependelt wird. Um diese Spannung zu ergründen, eignen sich zum Beispiel folgende Fragen:

  • Was ist das interessante an der einen Position?
  • Was hält mich da?
  • Wenn ich mich weg von der Position bewege, was nehme ich wahr?
  • Wenn ich mich auf die andere Position hinzu bewege, was nehme ich wahr?

Die Position „sowohl als auch“

Die Position „sowohl als auch“ beschreibt eine neue Position, die zumeist dann entsteht, wenn sich eine Verbindung der Position als besonders günstig verfestigt oder die relevanten Anteile gleichzeitig existieren können. Das sind zum Beispiel Kompromisse und Win-Win Situationen.

Gute Fragen, die zu einem „sowohl als auch“ führen können:

  • Welche Aspekte der vorhandenen Positionen lassen sich gut verbinden?
  • Gibt es eine Verbindung, in der das Neue mehr ist als die Summe der einzelnen Teile?
  • Gibt es die Möglichkeit die jeweilige Position aus einer anderen Perspektive zu beschreiben und kann somit das „sowohl als auch“, je nach Kontext, verwirklich werden?

Diese Position wird auch als internes Reframing beschrieben. Die aktive Arbeit mit dem Tetralemma startet immer mit der Suche nach Verbindungen zwischen den Optionen „dem Einen“ und „dem Anderen“. Das kann im ersten Schritt auch ein Kompromiss sein.

Die Position „weder noch“

Diese Position bildet sich durch eine Erweiterung des Kontextes in dem das Dilemma eingebettet ist und Sinn ergibt. Dies ist zuzusagen das externe Reframing. Eine Frage könnte an dieser Stelle lauten:

  • In welchem Kontext macht dieses Dilemma eigentlich Sinn?
  • Welchen Nutzen ziehe ich aktuell daraus?

Tatsächlich existiert eine weitere, eine fünfte Position, deren Zweck es ist, alle vier vorherigen Positionen in Frage zu stellen. Diese Position macht uns deutlich, dass es keinen universellen Standpunkt gibt.

Mit etwas Übung fällt es immer leichter auch in neuen Kategorien zu denken und diese Muster zu verlassen und auf neue und vor allem passende Lösungen und Positionierungen zu kommen.

Tetralemma im Gespräch und als Werkzeug Entscheidungen zu treffen – in der Teamarbeit, für Klarheit und Struktur.

Die Struktur des Tetralemmas eignet sich hervorragend für Teamarbeit, im Coaching und ergänzt die Arbeit mit dem Reflecting Team. Dazu lohnt es sich die einzelnen Positionen explizit zu vergeben bzw. einzeln zu beleuchten. Im Meeting mit dem Team bietet es sich an, dass Ihre Teammitglieder ausdrücklich eine der vier Positionen einnehmen und aus dieser Perspektive die Besprechung etc. beobachten und die jeweiligen Eindrücke anschließend zur Verfügung stellen. So erhalten Sie eine Fülle an unterschiedlichen Perspektiven, die zu mehr Klarheit bezüglich der Realität führen kann.

Organisationen im Permanent-Dilemma – Mastering Complexity

Dilemmas sind für Organisationen selbstverständlich. Organisationen profitieren sogar davon, dass sie es sich leisten können widersprüchliche Dinge zu tun. Sie produzieren quasi ständig Dilemmas und bearbeiten somit Komplexität, welche zum Beispiel durch Gesetzgebung, Kunden und alle weiteren Anspruchshalter und Erfordernisse erzeugt wird. Je mehr Widersprüchlichkeit Sie in ihrer Organisation erfolgreich verarbeiten können, desto mehr Möglichkeiten stehen für Veränderung und Entscheidungen zur Verfügung. Die Aufgabe (oder Kunst) von Führung liegt darin, Widersprüchlichkeit im Sinne der Organisation zu managen. In unserer Ausbildung Mastering Complexity, ist der Umgang mit diesen Dilemmas ein zentrales Thema.

In der Organisationsentwicklung setzen wir gerne auf derartige Ansätze, denn bestimmte Widersprüchlichkeiten und Paradoxien lassen sich in der Organisationspraxis nicht (leicht) auflösen. Der Umgang und die Fähigkeit diese Spannungszustände zu managen, sind für Teams und Führung lernbar und können somit in der Organisation verankert werden, um wiederrum Führung, Führungskräfte und Teams und die gesamte Organisation zu stärken. Das Tetralemma bietet sich als Methode an und wird eine Hilfestellung sein.

Literaturnachweise und Credits

  1. Bonder, N. (2014) Der Rabbi hat immer Recht: Die Kunst, Probleme zu lösen
  2. Ferrari, E. (2017) Wege aus dem Dilemma
  3. Ferrari, E. (2017) Organisationen oszillieren
  4. Littmann, P. und Jansen, S.A. (2000) – Oszillodox
  5. Varga von Kibéd, M. und Sparrer, I. (2009): Ganz im Gegenteil.

Bildnachweis: Foto von form PxHere

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